Aufnahme der Radiosendung zum Thema: QUOTE
für FSK Transmitter
http://www.fsk-hh.org/prg/programm.html
Zu hören in Hamburg auf 93,o MHz, bzw. auf 1o1,4 MHz im Kabel.

Sonntag, 31.10.2004
11:00-15:00 Studio F

Studiogespräch mit Ted Gaier, Hartwig Vens, Jacek Slaski und Wolfgang Seidel

Am 29. September, dem Beginn der Popkomm, fand im Bundestag eine offizielle Anhörung zum Thema "nationale Musikquote in den deutschen Rundfunksendern" statt, beteiligt waren Künstler, Vertretern der Rundfunksender und der
Musikbranche. Unterstützt wird die Forderung nach einer solchen Quote von führenden Regierungspolitikern wir Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und seiner Stellvertreterin Antje Vollmer (Grüne). Von Musikerseite wird die Kampagne von der Initiative "Musiker in eigener Sache" betrieben. Federführend zeichnen der ehemalige Rattles-Musiker und Lied-der-Schlümpfe-Komponist Frank Dostal und der Ex-Nena-Manager und Fotograf Jim Rakete verantwortlich. Seit Heinz Rudolf Kunze vor über zehn Jahren in einem Spiegel-Interview die Quote verlangte und damit die Debatte um Nationalismus und Popmusik anheizte ist der Ruf nach Schutz und Förderung der deutschen Musik im Rundfunk immer wieder hochgekocht. Der Ruf nach administrative Massnahmen ist jedoch nur eine der Ausformungen eines seit der Wiedervereinigung köchelnden Diskurses der von einer Fremdbestimmtheit des deutschen Popmusik durch den Angloamerikanischen Kulturimperialismus ausgeht, von dem man sich angesichts der spätestens seit der Wiedervereinigung erlangten nationalen Souveränität endlich befreien müsse.

Die eigene Tradition konstruieren und hochhalten, in der eigenen Sprache singen, die eigenen Künstler fördern - das sind die Programmpunkte, mit denen sich die Befürworter von Quoten und sonstigen Initiativen positionieren. Vorausgesetzt und reproduziert wird dabei ein Lamento, das die Übermacht der US-Industrie auf dem Weltmarkt beklagt und die deutschen in der Rolle der Unterdrückten, der Opfer festlegt. Auch in der Diskussion des mit Popmusik befassten Teils der Linken hat die Debatte um Pop, Identität und Nation Mitte der Neunziger heftige Wirkung entfaltet. Zum Streit kam es vor allem darum, wie man als Musiker/Band in Deutschland tätig sein könne, ohne der nationalen Zu- und Einordnung anheimzufallen (Kunze
hatte ja die Quote explizit gefordert, um Bands wie Die Sterne oder Blumfeld zu helfen, die sich selbst als antinational definierten und sich Kunzes Vereinnahmung verwehrten). Die Debatte war allerdings in den letzten Jahren nicht zuletzt wegen des desolaten Zustands der Restlinken im allgemeinen und der sog. Poplinken im besonderen zum Erliegen gekommen. Angesichts des in den Monaten zu verzeichnenden Offensive der national gesonnenen Popmusik-Lobby möchten wir die Debatte um Popmusik und nationale Identität wieder aufnehmen. Und das mit einem Blick in die Geschichte. Zu Gast sein wird der Musiker Wolfgang Seidel, seines Zeichens Schlagzeuger in der Urformation von Ton Steine Scherben. Er wird uns mit Blick auf die 60er darlegen, dass schon damals Bands wie Frank Dostals Rattels gerade deshalb populär waren, weil sie nicht-deutsche Musik machten, weil ihre Musik etwas anderes als das deutsche Zwangskollektiv verhieß. Was aber wäre gewesen, hätten die Rattles auf deutsch gesungen? Diese und viele andere Fragen
wollen wir in der in der Sendung aufs Korn nehmen.

Wolfgang Seidel


Ted Gaier, Hartwig Vens und Wolfgang Seidel
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